Ideen für Berufsorientierung
im MINT-Unterricht
Vom 8. bis 9. November 2024 hat Science on Stage die Ideenwerkstatt „Berufsorientierung im MINT-Unterricht“ in Kooperation mit Jugend forscht e.V. in Ulm ausgerichtet. Zwei Tage lang konnten sich die rund 50 teilnehmenden Lehrkräfte in praktischen Inputs und Gruppenarbeitsphasen mit dem Thema befassen und austauschen.
Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie einige Präsentationen.
Welchen Hürden begegnen Lehrkräfte bei der Integration von Berufsorientierung in ihren MINT-Unterricht?
In der Schule und im Kollegium ist es ein Problem, wenn für die Umsetzung von Aktivitäten zur Berufsorientierung der reguläre Unterricht ausfällt. Manche Schulleitungen können dies aufgrund der engen personellen Lage nicht zulassen. Mehrere Teilnehmende berichteten auch von fehlender Anerkennung im Kollegium und fehlender Motivation der Kolleg*innen. Zudem ist projektorientierter Unterricht nicht für alle Lehrkräfte im Stundenplan umsetzbar.
Sind diese Hürden überwunden, stellen sich in der Kooperation mit Unternehmen die nächsten Fragen. Wie können Firmen als feste Partner gefunden werden? Die Kapazitäten in Firmen sind unterschiedlich und große Lerngruppen von 30 Schüler*innen finden nicht immer Platz. Idealerweise sollte das Angebot auch in den Lehrplan passen, um besser in den Unterricht integriert werden zu können.
Anschließend liegt die gesamte Organisation bei der Lehrkraft, die dies in ihrer Freizeit und häufig ohne Ausgleich umsetzt. Es stellen sich Fragen der Finanzierung und zur Anfahrt zum Anbieter. Viele Teilnehmende wünschen sich hier Unterstützung.
Welche konkreten Ideen haben die Lehrkräfte, um Berufsorientierung stärker zu integrieren?
In Gruppenarbeitsphasen erarbeiteten die teilnehmenden Lehrkräfte Ansätze und tauschten Erfahrungen aus. Sie finden diese thematisch gruppiert.
- Die Schüler*innen in Projekten selbst machen und auch scheitern lassen, um die Selbstständigkeit zu fördern.
- Regelmäßiges Reflektieren von Stärken, Schwächen und Fähigkeiten der Schüler*innen, um das Selbstbild immer schärfer und realistischer werden zu lassen. Hierfür kann bspw. eine Kompetenzspinne genutzt werden. Schaffen Sie ein Bewusstsein für den Ansatz des Growth Mindset.
- Im Projektunterricht unterschiedliche Aufgaben anbieten. Es müssen nicht alle Schüler*innen alles machen, sondern sie können Schwerpunkte nach eigenen Stärken und Interessen setzten.
- Unterrichtsinhalte mit einem bestimmten Berufsbild verknüpfen: Vielen Schüler*innen fehlt das Wissen über die Vielfalt der (MINT-)Berufe. Es können regelmäßig mit wenigen Sätzen Berufe vorgestellt werden, die zum Inhalt passen. Dies muss nicht ins Detail gehen.
- Online-Gespräche mit Naturwissenschaftler*innen (bspw. Alexander Gerst oder Teilnehmende einer Polarexpedition) organisieren oder Chats mit einer KI (als Marie Curie oder als Albert Einstein über fobizz) anbieten.
- Verpflichtender Wahlunterricht am Nachmittag, in dem die Schüler*innen mehrere Wochen hintereinander unterschiedliche Betriebe besuchen.
- Einladen von Vertreter*innen in den Unterricht, die über ein bestimmtes Thema referieren. Dies können auch Eltern sein.
- Vortragsreihe mit Abgänger*innen der Schule, die als Role Models ihren Werdegang vorstellen.
- Externe in die Schule holen: Dies können Ausbildungsbotschafter*innen, Vertreter*innen der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Handwerkskammer (HWK) oder auch Eltern sein.
- Besuch eines Betriebs in der Schule, bspw. mit einem Truck.
- Anbieten einer Berufsberatung vor Ort.
- Organisation einer Berufsmesse in der Schule.
- Offenheit der Schulen für interdisziplinäres Arbeiten und Mut zum Blick über den Tellerrand ist gefragt!
- Exkursionen sind wichtig, denn manche Einblicke in die Arbeitswelt lassen sich nicht ins Klassenzimmer holen.
- Exkursionen zu Unternehmen, Laboren oder außerschulischen Lernorten.
- Gemeinsamer Besuch eines Science Slams.
- Gemeinsamer Besuch der Langen Nacht der Ausbildung.
- Zusammenarbeit mit dem Berufsinformationszentrum (BiZ) und der Agentur für Arbeit.
- Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer (IHK): Über den IHK-Finder für Schulbezirke kann man herausfinden, wer zuständig ist. Die IHK kann selbst nicht auf Schulen zugehen.
- Als Schule kann man mit mehreren, auch kleineren Unternehmen kooperieren. Die Schüler*innen haben so eine größere Auswahl.
- Kooperation mit Unternehmen über Jugend forscht-Projekte.
- Tipps der Teilnehmenden für Kooperationen: Max-Planck-Institute, Technische Universität Dresden, Technische Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität München.
- Gehen Sie mutig auf Unternehmen zu, denn viele sind am Austausch interessiert!
- Bereitschaft, sich selbst weiterzubilden in Workshops oder speziellen Betriebspraktika für Lehrkräfte.
- Bereitschaft, in Gesprächen mit den Schüler*innen Sorgen und Überforderung mit der Entscheidung zu thematisieren und abzubauen: Viele Schüler*innen fühlen sich von der riesigen Auswahl an Möglichkeiten überfordert. Schaffen Sie ein Bewusstsein dafür, dass Berufswege nicht immer linear sind und dass man sich ein Berufsleben lang weiterentwickeln und dabei auch neue Wege einschlagen kann. Wichtig ist, dass man erst einmal irgendwo anfängt.
- Denken Sie produktorientiert: Was will ich erreichen?
- Etwas Fantasie ist gefragt, um das Thema in den Unterricht einzubringen.
Ressourcen
Mit zwei Präsentationen und einem Video aus der Ideenwerkstatt in Ulm sowie unseren bereits erschienenen Unterrichtsmaterialien möchten wir Ihnen einen Einblick in das Thema geben.
Berufsorientierung in Schule verankern?!
(Christiane Huber, SCHULEWIRTSCHAFT Baden-Württemberg)
Brücken zur Zukunft bauen: Unternehmen als Partner im MINT-Unterricht
(Timo Jahn, Nina Reichel, Eberhard AG; Oliver Hein, Holger Majer, Raichberg-Realschule)
Einen Bericht von der Ideenwerkstatt mit Fotos finden Sie in unserem Blogbeitrag.
Science on Stage hat in der Vergangenheit bereits Materialien zur Berufsorientierung zusammengestellt. Stöbern Sie in unseren Materialien über Berufsbilder rund um:
Wir verfolgen das Thema Berufsorientierung weiter. Tragen Sie sich in unsere Mailingliste ein, um auf dem Laufenden über unsere Aktivitäten zum Thema zu bleiben.